FM4
gesendet am 05.09.2018
Vorbereitete Antworten auf die mir übermittelten Fragen:
Sie haben einen Versuch gestartet, um schon existierende Uploadfilter zu testen. Konkret den Algorithmus von Google, Content ID genannt. Und dieses automatisierte System hat auch prompt Musik »gefiltert« bzw. als Urheberrechts-Verstoß geflagged, die es eigentlich nicht als solche kennzeichnen dürfte. Erklären Sie uns kurz Ihr Experimentiert?
Für meine Open Educational Resources – also meine unter CC-Lizenz publizierten Unterrichtsmaterialien für allgemeinbildende Schulen - benötige ich Sounddateien zur Veranschaulichung. Deswegen wollte ich urheberrechtsfreie Musik herstellen, die man in Schulen, Schulnetzwerken für den Musikunterrricht frei verwenden kann. Nach Auskunft unserer Juristen und unserer Bibliotheksleitung durfte ich hierzu Musik alter Schallplatten digitalisieren, die vor dem 1.1.1963 erschienen ist und deren Komponist länger als 70 Jahre tot ist. Die Hochschule für Musik und Theater München hat einen sehr großen Bestand solcher alter Schallplatten, die sonst eigentlich nicht mehr genutzt werden. Um diese Digitalisierungen nun bekannter zu machen, habe ich auf dem Youtubekanal für meine Studierenden ein Werbevideo hochgeladen und in diesem Video, wo ich eigentlich für nicht mehr geschützte Musik werben wollte, wurde ich angemahnt, dass es sich bei der in dem Video verwendeten Aufnahme der Rosenkranz-Sonaten von Biber aus dem Jahr 1962 um geschützte Musik handeln würde. Dem Anspruch des Labels habe ich Widersprochen und er wurde auch zurückgezogen. Daraufhin habe ich unterschiedliche Aufnahmen hochgeladen und bis auf eine Aufnahme wurden alle Aufnahmen, die nach deutschen Recht keinen Schutz mehr genießen, durch die Content-ID-Technik moniert.
Ich bin selbst Musiker und Content ID hat in der Vergangenheit auch schon Musik von mir blockiert, die ich selbst komponiert habe. Viele Musikerinnen und Musiker beklagen sich darüber. Sind einfach nur die Google-Algorithmen schlecht?
Nach meinem Artikel auf dem Wikimedia-Blog hat sich auch ein Director of Publishing einer großen Musikfirma bei mir gemeldet und mir erläutert, dass die Filter nur bei klassischer Musik schlecht seien – was er auch bedauern würde - bei den Beatles hingegen sehr gut funktionieren würden. Ich glaube mittlerweile, dass es nur um Geld geht und Geld wird heute mit den Beatles, nicht mit Beethoven gemacht. Deswegen arbeiten die Filter für die Rechtehalter aktueller populärer Musik auch zufriedenstellend, die Fehler beim erkennen klassischer Musik ist hingegen sind ein Kollateralschaden, den man in Kauf nimmt. Das ist für die Musikausbildung an den Musikhochschulen und für den Unterricht an allgemeinbildenden Schulen, deren Aufgabe es nach wie vor ist, auch an klassische Musik heranzuführen, eine Katastrophe.
Sie haben gegen die Takedown-Requests von Google Einspruch erhoben. Aber immer wieder neue Sperren und Takedown-Requests erhalten. Wie gut funktioniert der Google support?
Klarstellung: kein TakeDown, sondern nur Anspruch auf Monetarisierung z.B. durch Werbung, was bis heute nicht passiert ist. Allerdings hat ein großes Label auf meinen Einspruch seinen Anspruch auch nicht zurückgezogen, was mich eigentlich verwundert. Auch meinen Versuch, mit Youtube über die Support-Adresse Kontakt aufzunehmen, wurde automatisiert beantwortet, dass Youtube so viele Mail bekäme, dass diese leider nicht gelesen werden könnten. Diese Antwort hat mir die Sprache verschlagen, und auch alle anderen Kontaktversuche führten via Weiterleitung nur zu Foren, wom man sich mit anderen und sich selbst unterhalten kann, nicht aber mit einem Verantwortlichen von Youtube. Ganz anders funktioniert das übrigens, wenn man einen Rechtsverstoß meldet, dann hat man sehr schnell zu einem Mitarbeiter-Team Kontakt.
Was halten Sie vom Plan der EU-Kommission, das Urheberrecht durch automatisierte Uploadfilter durchzusetzen?
Wenn diese Uplodafilter wie ein Rasenmäher eingesetzt werden sollen, bin ich klar dagegen. Es gibt sicherlich andere Möglichkeiten, dem illegalen Verbreiten von Musik auf die Spur zu kommen, ohne die angesprochen Kollateralschäden zu erzeugen. Ich selbst initiiere gerade eine neue Website elmu, eine Art Wikipedia für Musik mit einer Redaktionsschicht und für dieses Projekt wäre das ein Knockout.