Sonate und Sinfonie. Ein altes Thema auf neuen Wegen
Wissen Sie, dass eine Exposition einer Mozart- oder Haydnsinfonie durchschnittlich nur eineinhalb bis zwei Minuten lang ist?
Das ist eine Zeit, die sich perfekt für ein aufmerksames Zuhören in Schulen eignet. Stellen Sie sich vor, wie viele interessante Sinfonieanfänge Schülerinnen und Schüler bei einer abwechslungsreichen methodischen Aufarbeitung in 45 Minuten kennenlernen könnten. Man müsste nur bereit sein, das Thema ›Sonatenhauptsatzform‹ nicht über eine einzige Komposition und den sogenannten ›Themendualismus‹ abzuhandeln.
Das Unterrichtsmaterial ›Sonate und Sinfonie‹ weist neue Wege. In nur ein bis zwei Stunden lassen sich über zahlreiche Hörbeispiele verschiedene Werke sowie die Terminologie der Sonatenhauptsatzform anschaulich erarbeiten. Das Zeichnen von Lautstärkediagrammen, Darstellen dynamischer Verläufe durch Bewegung, ein ›Hörpuzzle‹ und Gedächtnisspiele ermöglichen neue Perspektiven auf ein altes Thema, das in den letzten Jahrzehnten aufgrund einfallsloser Methodik in Verruf geraten ist (Stichwort: Notenlesen und kontrastierende Themen suchen lassen). Der Einstieg über den Parameter Dynamik ist dabei auch für Expositionen geeignet, die nicht dem Standardaufbau folgen (z.B. sechsteilige oder monothematische Expositionen).
Nach Erörterung der Gesamtform (Exposition, Durchführung, Reprise) steht am Ende des Lehrgangs eine Einführung in die Arbeit mit Notentexten, wobei im Sinne Heinrich Christoph Kochs, der ein Zeitgenosse Mozarts war, Musik als ›Klangrede‹ betrachtet wird, die wie Sprache gegliedert ist (Sprache durch Satzzeichen, Musik durch Kadenzen).
Zu dem vollständigen Lehrgang ›Sonate & Sinfonie‹ gehören:
- ein Unterrichtsheft mit 20 Seiten, wobei jede Seite als inhaltlich abgeschlossene Einheit zum Kopieren geeignet ist,
- ein Kommentarheft mit 52 Seiten Hintergrundinformationen und Materialien zum Thema,
- Folien (Kopiervorlagen) für den Overhead-Projektor,
- zahlreiche Lautstärkediagramme (Bilder) zum Erstellen eigener Folien,
- Sounddateien der im Heft behandelten Werke im mp3-Format (mit freundlicher Genehmigung von Brilliant Classics),
- Noten der im Heft behandelten Werke aus älteren Gesamtausgaben (gemeinfrei),
- eine Software (›WavePen‹) für den PC zum einfachen Erstellen eigener Lautstärkediagramme von Andreas Helmberger und
Und was kostet dieses umfangreiche Unterrichtsmaterial? Obwohl es von einem erfahrenen Buch- und Schulheftautor (Bärenreiter, Klett) in gewohnter Sorgfalt verfasst worden ist:
Nichts!
Das ist kein Witz. Erforderlich ist lediglich die Bereitschaft , eine neue Herangehensweise kennenzulernen und auszuprobieren.
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Vorwort des Kommentarheftes (2. Aufl., S. 3)
Sollte klassische Musik noch Gegenstand des Musikunterrichts an allgemeinbildenden Schulen sein? Auf diese Frage dürfte es mittlerweile verschiedene Antworten geben, zumindest wenn man als Antworten die Bildungsziele der Lehrpläne und die derzeit dominierenden Themen von Fortbildungsveranstaltungen zulässt (Rap, Percussion & Co.). Traditionelle Bildungsargumentationen scheinen ausgedient zu haben, weil nicht ausgemacht ist, ob das Erlernen eines Instruments intelligenter macht als der Umgang mit dem Joystick und klassische Musik mehr Bildung vermittelt als Internet und Karaoke. Fehlt dem Menschen des 21. Jahrhunderts wirklich etwas, wenn er bei Sonata an eine Parfümmarke und bei Allegro an eine Cappuccinosorte denkt?
Dieses Unterrichtsheft versucht nicht, Antworten auf die eingangs gestellte Grundsatzfrage zu geben. Es bietet stattdessen eine sehr gut funktionierende und praktisch erprobte Methodik zum Thema Sonate und Sinfonie an – nicht mehr und nicht weniger. Gleichzeitig ist es als Reaktion auf die Verlegenheit zu verstehen, dieses Thema im Musikunterricht allgemeinbildender Schulen sachlich falsch oder als Notenblätterkunde zu verhandeln. Ein gutes Beispiel, wie fehlerhaft das Thema Sonate mittlerweile selbst in aktuellen Schulpublikationen erörtert wird, lässt sich im Anschluss an dieses Vorwort studieren.
»Am Anfang steht die Praxis«! Aktuell hat dieser Satz didaktisch Konjunktur, doch wie muss man sich Praxis im Hinblick auf das Thema Sonate und Sinfonie vorstellen? Wie kann ein Selbermachen aussehen angesichts einer höchst artifiziellen Musik und der Tatsache, dass nur noch wenige überhaupt ein Orchesterinstrument spielen können? Mitspielsätze mit geringen technischen Anforderungen zeigen eine Möglichkeit, doch sind diese ästhetisch umstritten. Kritik am Klassenmusizieren zu üben ist jedoch wenig originell, weitaus schwieriger ist es, überzeugende Antworten auf das Problem zu geben.
Eine weitere Schwierigkeit kommt hinzu, nämlich, dass Sonaten- und Sinfoniemusik des 18. und 19. Jahrhunderts (nicht nur) Jugendlichen im Allgemeinen wenig vertraut ist. Vielleicht kennt jemand den Anfang der 5. Sinfonie von Beethoven das Ende auch?) oder der g-Moll-Sinfonie Mozarts. Doch welche Vorstellung bekäme ein Marsmännchen von Häusern, zeigte man ihm nur die Bilder vom Empire State Building in New York und dem Skyper in Frankfurt am Main? Und wie würde wohl der Versuch ankommen, wollte man dem Marsmännchen diese Hochhäuser mit dem Bauplan eines Einfamilienhauses erläutern?
Problematisch sind weder die Baupläne noch die Hochhäuser. Das Problem liegt in der Bequemlichkeit, die uns daran hindert, einen passenden Bauplan für ein bestimmtes Gebäude zu suchen. Dabei könnte es eine interessante Aufgabe sein, in der Formenlehre des Musikunterrichts (›Bauplankunde‹) Formmodelle (›Baupläne‹) zu erstellen oder auf ihre Passgenauigkeit hin zu untersuchen. Das Scheitern-Lassen von idealtypischen Formmodellen und die Suche nach Alternativen könnte dabei Bestandteil eines praktisch orientierten Musikunterrichts sein, vgl. hierzu: Ulrich Kaiser, Johann Sebastian Bach. Ein Superstar gestern und heute. Materialien für den Unterricht an allgemeinbildenden Schulen (= OpenBook 2), Karlsfeld 2011, S. 8–9, Download unter www.musik-openbooks.de/bach.
Das vorliegende Unterrichtsheft ist dem Hören von Sonaten und Sinfonien gewidmet und entwickelt neue Perspektiven auf der Suche nach passenden Bauplänen. Es erfordert – ;bis zu den Abschnitten für die Profis – keine (!) Fähigkeiten im Notenlesen und darf trotzdem an dem Anspruch gemessen werden, das Thema Sonatenhauptsatzform angemessen zu veranschaulichen und deren einschlägige musikalische Fachterminologie zu vermitteln. Darüber hinaus zeigt es den Versuch, eine Brücke zu bauen zwischen einer in den Schulen gültigen ›Musiktheorie‹ und dem im wissenschaftlichen Diskurs des Fachs Musiktheorie zur Verfügung stehenden Wissen.
Es wäre schön, wenn über die zahlreichen Hörbeispiele Schülerinnen und Schülern eine Vorstellung davon vermittelt werden könnte, dass der Begriff Sonata weder ein Parfüm noch eine Komposition und auch keinen Bauplan meint, sondern dass er vor langer Zeit Ausdruck eines Lebensgefühls war, dem viele Musiker mit weit über 10.000 Kompositionen Ausdruck verliehen haben.