Bemerkungen zum Fach Musiktheorie
In den letzten Jahrzehnten hat das Fach ›Musiktheorie‹ eine deutliche Ausdifferenzierung erfahren, die sich u.a. in einer spezifischen Ausbildung seiner Fachvertreterinnen und Fachvertreter sowie in deren Qualifikation niederschlägt (Diplomabschlüsse, Promotion etc.). Idealtypischer Weise lassen sich drei verschiedene Profile unterscheiden:
- Musiktheorie als künstlerische Disziplin (mit einer Nähe zu künstlerischen Tätigkeiten wie z.B. dem Konzertieren oder Komponieren)
- Musiktheorie als pädagogische Disziplin (mit einer Nähe zur Musikpädagogik)
- Musiktheorie als wissenschaftliche Disziplin (mit einer Nähe zur Musikwissenschaft).
Lehrende, die sich als Komponisten verstehen, sind oftmals noch für die Außenansicht des Fachs prägend. Dieses Fachverständnis ist verbunden mit der geschichtlichen Entwicklung musiktheoretischer Unterweisung an den Konservatorien. Dass sich heute die Vertretung des Fachs durch Komponisten angesichts der Historisierung musiktheoretischer Lehrinhalte auf der einen Seite sowie des Auseinanderklaffens historischer und zeitgenössischer Kompositionsstile auf der anderen als nicht unproblematisch erweisen kann, ist die negative Seite einer Medaille, deren positive künstlerische Einfühlung in den Gegenstand verspricht. Ein Gradmesser für die in der Praxis nicht selten auftretenden Probleme ist die mittlerweile übliche personale und institutionelle Trennung der Fächer Musiktheorie und Komposition an den Musikhochschulen.
Neben dem künstlerischen Profil sind heute auch pädagogische oder wissenschaftliche Profile unter Fachvertreterinnen und Fachvertretern üblich. Es dokumentiert sich unter anderem in den Aktivitäten der Gesellschaft für Musiktheorie (gmth), die im Jahr 2001 nach dem Vorbild der Fachorganisationen anderer Länder (z.B. der Society for Music Theory, der Vereniging voor Muziktheorie etc.) gegründet worden ist. Die Gesellschaft unterhält eine Online-Zeitschrift, organisiert nach internationalem Standard jährliche Kongresse und publiziert die dort vorgestellten Ergebnisse in Kongressberichten.